“Der Mut etwas zu wagen, was vordergründig absolut unmöglich scheint, der Glaube an die Richtigkeit des Vorhabens und die Durchhaltekraft, das fasziniert mich an SEKEM bis heute und immer wieder aufs Neue”, so erklärt Waltraud Bandel ihre SEKEM-Begeisterung. Für die ehemalige Vorständin der SEKEM-Freunde Deutschland sind die SEKEM-Vision und ihre Aktivitäten als Gesamtkunstwerk ein lebendiges Beispiel dafür, “dass Veränderungen in dieser Welt möglich sind, wenn man nur will.” Schon früh im Leben beschäftigt sie die Frage, wie soziale Ungleichheiten ausgeglichen werden können. “SEKEM zeigt, wie es möglich ist”, berichtet Waltraud Bandel.
Erfahrungen in Brasilien
In Kattowitz (ehemals Oberschlesien, heute Polen) geboren, erlebte die 81-Jährige in frühester Kindheit, was es bedeutet, aus der Heimat fliehen zu müssen. Nachdem sie in Stuttgart ein neues Zuhause fand, verließ sie dieses als erwachsene Frau vorübergehend wieder und verbrachte fast 6 Jahre gemeinsam mit ihrem Mann Wolfgang und zwei Töchtern in São Paulo. “Die Zeit in Brasilien brachte eine Fülle von Eindrücken mit sich und tiefe Einblicke in die unterschiedlichen sozialen Gesellschaftsschichten”, erinnert sie sich. Die Begegnung mit Ute Craemer, der Begründerin der Monte-Azul-Gemeinschaft, prägte die SEKEM-Freundin ganz besonders. Sie erlebte den Aufbau der Initiative für Kinder aus sozial benachteiligten Familien mit und bemerkte, dass Ute Craemer ähnliche Fragen beschäftigten, wie sie selbst. In dem ganzheitlichen Entwicklungskonzept der Monte-Azul-Gemeinschaft fand Waltraud Bandel einen sinnvollen Ansatz, etwas gegen die Ungleichheiten in den brasilianischen Favelas zu bewirken.
Begeisterung für SEKEM: Entwicklung zu einer Menschen-Weltengemeinschaft
Zurück in Deutschland besuchten die Kinder der Familie Bandel die Waldorfschule auf der Uhlandshöhe in Stuttgart, in der auch Waltraud sich vielseitig engagierte. Sie war Mitbegründerin Eltern-Seminar und vertrat die Waldorfschulen als Elterndelegierte am staatlichen Kultusministerium in Stuttgart. In der Schule hörte ihr Sohn Tobias erstmals durch die Gründerin des SEKEM-Freunde-Vereins, Elfriede Werner, von der Initiative in Ägypten und entschied sich, seinen Zivildienst dort zu absolvieren. Die Begeisterung, mit der Tobias von SEKEM berichtete, sprang rasch auf die Mutter über: “Ich war auf der Suche, wie ich über mein privates Leben hinaus einen sinnvollen Beitrag für die Welt leisten kann, und spürte durch die Erzählungen von Tobias sofort eine Sinnhaftigkeit und Verbundenheit mit der SEKEM-Vision.” Als Waltraud Bandel 1999 selbst erstmals in Ägypten vor Ort war, bestätigte sich ihr Gefühl. Sie erlebte, wie in SEKEM verschiedene Geistesströmungen zusammenkommen und das Fundament für die praktische Arbeit bilden. “Die Offenheit für unterschiedliche Weisheiten, die Bereitschaft, einander verstehen zu wollen und die Begegnung zwischen östlichem und westlichem Kulturgut zeigten mir, wie wirklich Brücken geschlagen werden können, hin zu einer Menschen-Weltengemeinschaft. Dazu wollte ich unbedingt beitragen”, erzählt sie und erinnert sich, wie groß die Freude war, als Hans Werner, der damalige Vorstandsvorsitzende der SEKEM-Freunde, sie bat, Teil des Vorstandes des deutschen Fördervereins zu werden.
“SEKEM hat ein kostbares Potential für diese Welt.”
Über 20 Jahre lang engagierte sich Waltraud Bandel mit großer Leidenschaft für die SEKEM-Vision. Sie baute die wichtigen Beziehungen der SEKEM-Freunde zur Stadt Stuttgart und zum Land Baden-Württemberg auf, organisierte die SEKEM-Tage und leistete sogar einen Beitrag dazu, dass die SEKEM-Initiative mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde, indem sie sich für die Nominierung stark machte. “Es ist großartig zu erleben, welche Strahlkraft SEKEM mittlerweile gewonnen hat. Der SEKEM-Impuls wird wahrgenommen, ernst genommen und findet weltweit ein wachsendes Interesse. Das ist ein sehr kostbares Potential für diese Welt.”
2021 verabschiedete sich Waltraud Bandel aus dem Vorstand der SEKEM-Freunde. Sie war zwar nie in der Rolle der Vorsitzenden tätig, aber Zeit ihres Amtes das Herz des deutschen Fördervereins. Mit ihrer authentischen Begeisterung und der tiefen Verbundenheit zu SEKEM prägte sie die Vereinsgeschichte der SEKEM-Freunde Deutschland grundlegend und dem wird auch über ihre offizielle Amtszeit hinaus noch lange so sein.
“Ich wünsche dem Verein, dass er SEKEM weiterhin bei all den mutigen Wagnissen unterstützend begleiten wird und dadurch zur Entfaltung dieses Potentials beiträgt, eine positive Zukunftsentwicklung zu gestalten”, sagt die SEKEM-Freundin Waltraud Bandel: “Ich hatte stets das Gefühl, an etwas Zukünftigem mitarbeiten zu dürfen – und das macht glücklich.”