„Die Qualität der Berufsausbildung in Ägypten hat ein niedriges Niveau und entwickelt sich nur äußerst langsam fort“, weiß Wilfried Ulrich. Der gelernte Mechaniker und langjährige Werklehrer ist über 25 Jahre lang regelmäßig in SEKEM zu Gast gewesen, um dort das Berufsbildungszentrum zu unterstützen. „Die Ausbildung in SEKEM ist deutlich besser, aber auch hier gibt es etliche Hürden, zum Beispiel, dass die guten AusbilderInnen abgeworben werden.“
Wilfried Ulrich hat viele Jahre in der Industrie im Bereich Entwicklung gearbeitet und anschließend an einer Waldorfschule in Stuttgart im Bereich Metalltreiben, Töpfern und Holzverarbeitung unterrichtet. Mit dieser Erfahrung im Gepäck hat er in SEKEM geholfen, eine Töpferwerksatt einzurichten, Lehrkräfte fortzubilden und den Ausbildungszweig der Mechanik eng begleitet. Er musste sich erst einmal an die andere Mentalität und Arbeitsweise gewöhnen: „Die jungen Menschen und auch LehrerInnen sind vollkommen anders gepolt als in Deutschland. Sie lernen viel mehr durch das Beobachten und Wahrnehmen als durch Erklärungen“, so die Erfahrung des langjährigen SEKEM-Freunds. „Die Bereitschaft etwas zu Lernen und zu Tun ist hoch, es mangelt nur leider oft an der Ausstattung und Werkzeug.“ Auch hier hat er sich für Abhilfe eingesetzt und zum Beispiel Sachspenden in Form von Maschinen organisiert.
Der gelernte Mechaniker und Pädagoge war viele Jahre lang jeweils für drei Monate in SEKEM vor Ort. „Der Ansatz, den SEKEM bietet, die ganzheitliche Vision des Gründers, ist die beste Möglichkeit, um in Ägypten und der Welt etwas zum Besseren zu verändern“, so ist Wilfried Ulrich überzeugt. „Aber es braucht viel Zeit, das habe ich gelernt.“ Der engagierte Familienvater konnte beobachten, wie sich die Menschen, die selber bereits SchülerInnen an einer der SEKEM-Schulen waren, im Berufsleben deutlich von den anderen absetzten. „Die MitarbeiterInnen mit langjähriger SEKEM-Erfahrung blicken viel bewusster auf bestimmte Situationen und gehen entsprechend umsichtiger damit um“, sagt Wilfried Ulrich.
Bei den jährlich stattfindenden SEKEM-Tagen in Stuttgart ist Wilfried Ulrich stets zu Gast. 2019 hat er den Mitgliedern und FreundInnen des SEKEM-Vereins in diesem Rahmen von seinen Erfahrungen in Ägypten berichtet. „Trotz Sprachbarrieren gelang die Verständigung erstaunlich gut. Und obwohl die Berufsausbildung in Ägypten nur sehr langsame Fortschritte macht, ist es doch erfreulich zu sehen, dass die Menschen noch das wirkliche Handwerk und damit nachhaltige Kompetenz erlernen“, so das Fazit von Wilfried Ulrich nach über 25 Jahren SEKEM-Freundschaft. „In Deutschland ist es nämlich mittlerweile so, dass sich die Qualität der Ausbildung eher zurückentwickelt. Hier wird immer weniger Wert auf Handfertigkeit gelegt, was zur Folge hat, dass der Bezug zu Werkzeug und Material verloren geht.“
Und was empfiehlt Wilfried Ulrich dem Berufsbildungszentrum in SEKEM, in dem er ein gern gesehener und allseits beliebter Gast ist? „Es fehlt die Kombination aus technischen und pädagogischen Fähigkeiten. Hier können wir aus Deutschland gut unterstützen. Auch eine bessere Ausstattung an Maschinen und Werkzeugen wäre wichtig.“